Statistikkommentare


Das Hochzeitsbuch von Kriegshaber, das 919 Hochzeiten von 1668 bis 1875 enthält, ist eine sehr ausführlich geführte Abschrift aus den Kirchenbüchern von Oberhausen und Kriegshaber. In den Kirchenbüchern ab 1830 sind die Daten sehr umfassend festgehalten. Es sind auch die Hochzeiten von 1876 bis 1885 erfasst, die im Kirchenbuch von Kriegshaber verfilmt sind. Insgesamt sind es nun fast 1300 Hochzeiten, die ausgewertet werden konnten. Daher lassen sich auch sehr gute Statistiken daraus gewinnen. Die genealogischen Daten von Kriegshaber in meiner Datenbank enthalten nur die Daten der Kirchenbücher, die je nach Datentyp (Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen) bis ca. 1885 gehen.
Darüber hinaus sind wohl Daten nach 1885 in den Bistumsarchiven verhanden, jedoch wurden die von den Mormonen erfassten Kirchenbücher nicht für die Öffentlichkeit freigegeben. Es kann aber auch sein, dass diese Daten im Archiv gar nicht den Mormonen bei der Verfilmung vorgelegt wurden. Mir sind Kirchenbuchdaten von Schlesien bekannt, die nach dem 2. Weltkrieg ebenfalls von den Mormonen in Polen verfilmt wurden. Diese Daten gehen in einem Fall bis ca. 1955. In Deutschland wurden von den Mormonen die Kirchenbücher um 1970 erfasst, im Falle von Kriegshaber war díes Januar 1969.
Die Standesamtsdaten, die es in Deutschland erst im Deutschen Reich von 1871 gibt, beginnen 1876. Sie wurden in den letzen Jahren nach den zur Zeit gültigen Bestimmungen für schützenswerte Daten (110 Jahre Geburten, 80 Jahre Hochzeitsdaten und 30 Jahre Todesdaten) an die jeweiligen Stadt-/Kreisarchive (im Fall von Augsburg also das Stadtarchiv Augsburg),abgegeben. Es sind also vermutlich die Daten für Geburten bis ca. 1910, für Hochzeiten bis ca. 1940 und für Todesdaten bis ca. 1990 in den jeweiligen Archiven vorhanden und können auf Antrag von Forschern eingesehen werden. Ob die Unterlagen in den Archiven nun im Original dem Besucher vorgelegt oder nur als Kopie zur Verfügung gestellt werden, ist im allgemeinen vom Archiv abhängig. Manchmal sind diese neuen Archivdaten in frisch angemieteten Häusern eingelagert und somit für Besucher nicht so ohne weiteres einzusehen. Auf jeden Fall wird der Einsichtnahme in Form von Kopien oder Beantwortung von Anfragen Rechnung getragen. Diese Daten aus den Archiven sind im Falle von Kriegshaber in meiner Datenbank Stand Dez-2020 noch nicht erfasst.
Heute werden in den Standesämtern keine schriftlichen Personenstandsdaten mehr angelegt, sie werden für die ganze Bundesrepublik in einer Datenbank gespeichert. Auch diese Computerdaten werden nach Ablauf der Sperrfristen (siehe oben also 110, 80, 30 Jahre) den Archiven angeboten. Dies wird aber erst in ca. 30 Jahren der Fall sein.
Teilweise lassen sich auch Hochzeiten aus den Katastern ableiten. Im Fall von Christen sind diese zwar auch in den Kirchenbüchern enthalten, jedoch bei Personen jüdischen Bekenntnisses gibt es vor ca. 1865 keine Matrikel. Die vorhandenen Aufzeichnungen für Ehen der Juden, die es teilweise in den Archiven gibt, sind bis jetzt noch nicht erfasst worden (Stadtarchiv Augsburg).

Vornamen Männer

Die häufigsten Vornamen aus dieser Zeit waren Joseph mit 171 und Johann mit 118 (wenn man die Zweitnamen dazunimmt sind es 180), Joseph (wobei die unterschiedlichen Schreibweisen zusammengefasst wurden) mit 178, Michael mit 67, Anton 58, Georg 51, Sebastian mit 44 und Mathias und Andreas je 35 Personen.

Vornamen Frauen

Hier gibt es Maria mit 110 bzw. Maria Anna mit 108 (mit den Zweitnamen sind es zusammen 282), Anna und Anna mit Zweitnamen wie Anna Maria oder Annamarie 73, Theresia 64, Kreszentia bzw. Kreszenz 59, Viktoria 57, Katharina 53, Josepha 49 (mit Zweitnamen 51), und Walburga 45 Nennungen.

Berufe Männer

Es wurden synonyme Berufsangaben zusammengefasst, z.B. Gastwirt und Wirt zu Gastwirt, Müller und Mahlknecht zu Müller etc. Besonders vor 1830 wurde der Beruf nicht immer angegeben (231). Die häufigsten sind Taglöhner 231, Maurer 113 (dazu Maurermeister 3, Maurerpolier 4), Fabrikarbeiter 97, Schuhgewerbe 37, davon 15 Schuhmachermeister, Zimmerhandwerk 42, davon 1 Zimmermannsmeister und 1 Zimmerpalier, Bauer oder Ökonom 26, Nichthandwerker waren es deutlich weniger so Wirt/Gastwirt 20, Lehrer 5, Chirurg 2, Landarzt 2, auch die Händlerberufe sind eher wenige, so insgesamt 15.

Berufe Frauen

Bei den Frauen ist bei 556 Personen der Beruf nicht angegeben. Bei weiteren 404 Personen ist der Beruf des Vaters angegeben, es heißt hier Söldnerstochter oder Maurerstochter etc. Frauenberufe waren damals Fabrikarbeiterin 26, Dienstmagd 25, Näherin 24, Taglöhnerin 22, Weberin 2 und Händlerin ebenfalls 3. Somit kann man generell aussagen, dass offensichtlich die überwiegende Anzahl der Frauen bei der Heirat keinen Beruf hatte.

Geburtsort der Männer

Hier kann man sehr gute Aussagen machen. Von den 1125 Hochzeiten konnte ich nur bei 16 Männern den Geburtsort nicht identifizieren. Meist war der Kreis - bzw. damals sagte man Bezirk - nicht detailliert angegeben, jedoch war der Kreisort leicht zu ermitteln, überwiegend waren es ja Orte in der Nähe, die fast jeder Einheimische kennt. Was auch auffällig ist, dass fast niemand aus den Städten wie Augsburg (nur 8 - hierbei sind die später eingemeindeten Vororte aber nicht enthalten -), Friedberg (2) oder Schwabmünchen (1) kamen, sie kamen aus den Orten und Weilern. Dabei sind Orte, die dem Altkreis Augsburg zuzuordnen sind, 177, Aichach 17, Friedberg 16, Günzburg 42, Krumbach 27 und Schwabmünchen 8. Natürlich sind die meisten in Kriegshaber geboren, das sind 451, also fast die Hälfte.

Geburtsort der Frauen

Von den 1125 Hochzeiten konnte ich nur bei 21 Frauen den Geburtsort nicht identifizieren. Wie beim Geburtsort der Männer war der Kreis meistens nicht genau angegeben, aber leicht zu ermitteln. Es handelte sich mehrheitlich um Orte in der Nähe, die fast jeder Einheimische kennt. Wie weiter oben schon ausgeführt, kam fast niemand aus den Städten wie Augsburg (nur 19 - hierbei sind die später eingemeindeten Vororte aber nicht enthalten -), Friedberg (6) oder Schwabmünchen (3), sie kamen aus den Orten und Weilern. Dabei sind Orte, die dem Altkreis Augsburg zuzuordnen sind, 298, Aichach 18, Friedberg 21, Günzburg 51, Krumbach 60, Wertingen 62 und Schwabmünchen 25. Natürlich sind die meisten in Kriegshaber geboren, das sind 208.

Ledig, Witwer oder Witwe

Es sind 1125 Hochzeiten ausgewertet worden. Davon waren bei der Hochzeit
- 953 Männer ledig gewesen
- 172 bereits verwitwet

- 1032 Frauen ledig
- 93 Frauen waren verwitwet

- bei 16 Paaren waren beide verwitwet.

Bei allen weiteren Hochzeiten (die 2. oder dritte Ehe) war der Betreffende verwitwet, Scheidungen gab es zu dieser Zeit noch nicht.

Taufen in Kriegshaber nach 1829

Hier ist ein kontinuierlicher Anstieg von 25 Taufen 1830 bis 73 Taufen um 1860 zu verzeichnen. Nach 1865 steigen die Taufen sehr stark an, über 100, am höchsten war die Zahl 1875 und 1876 mit 143 Taufen. Wenn man die Summen für jeweils fünf Jahre nimmt, sind es insgesamt 116 für die Jahre 1830 bis 1834, am höchsten in den Jahren 1875 bis 1879 mit 643 Taufen. Dieser Anstieg geht einher mit den steigenden Anzahl der Hochzeiten in den Jahren ab 1840, vorher waren es nur 4 bis 9 Hochzeiten pro Jahr, danach 10 bis maximal 49 Hochzeiten im Jahre 1864. Aber nachdem das Heiratsalter der Frauen um 29 Jahre liegt, ist dadurch der hohe Anstieg der Geburten nicht allein zu erklären. Es bestand weiter großer Zuzug nach Kriegshaber, vorwiegend aus der näheren Umgebung. Zu beachten ist auch der höhere Anteil an nichtehelichen Geburten. Hier sind die Mütter natürlich jünger als 29 Jahre, dabei ist das Alter der Mutter nur dann zu erschließen, wenn die Frau später in Kriegshaber geheiratet hat. Die Väter bei unehelichen Kindern sind jedoch meist nicht angegeben. Bei der späteren Heirat der Mutter ist öfter vermerkt, dass ein oder zwei Kinder anerkannt (legitimiert) wurden, ohne dass die Namen der Kinder erwähnt werden. Ich habe festgestellt, dass in diesem Fall im Buch der Taufen der Nachname des Kindes geändert wurde. Vorher war der Nachname des Kindes der Nachname der Mutter. Nach der Heirat der Mutter und der Legitimerung des (der) Kindes (Kinder) wurde im Taufbuch der Nachname des Kindes auf den Nachnamen des Ehepartners (Vaters) des Kindes geändert. Dies entspricht heute einer Adoptierung. In Einzelfällen kam es manchmal vor, dass bei den sogenannten "7-Monats-Kindern" das Kind natürlich den Namen des Vaters bekam ohne dass er der leibliche Vater war. Dies ist z.B. in dem Film "Das sündige Dorf" so dargestellt worden.


Firmungen

Interessant ist auch die Anzahl der Firmungen bei der Pfarrei Hlst. Dreifaltigkeit, die erst anfangs im Dom (1864 und 1866), später in St. Ulrich stattfanden (1868, 1870 und 1872) und durch Bischof Pankratius gespendet wurde. Die Zahlen waren steigend und lagen zwischen 19 und 68.

Die Anzahl der Kinder, die gefirmt wurden (zunächst wurden nur diejenigen von 1864 und 1866 näher beleuchtet) war erschreckend gering, es waren nur 19 bzw. 29 Kinder. Was mag der Grund dafür sein?

Alter der Brautleute bei der Heirat

Dies wurde auch für jede Hochzeit ermittelt. Das Heiratsalter des Mannes war bei zwei Personen unter 21 Jahren. Das höchste Heiratsalter des Mannes war bei 60 Jahren. Insgesamt konnten 455 Erst-Heiraten ausgewertet werden, hier lagen alle notwendigen Daten vor. Das durchschnittliche Heiratsalter des Mannes habe ich mit 32,6 Jahren ermittelt. Diese Zahl gilt für die Erstheiraten.
Bei den Frauen war es ähnlich. Unter 21 Jahren haben 18 Frauen geheiratet. Das höchste Heiratsalter einer Frau lag bei 51 Jahren. Insgesamt konnten 455 Erst-Heiraten ausgewertet werden, hier lagen alle notwendigen Daten vor. Das durchschnittliche Heiratsalter der Frauen lag bei 29,1 Jahren. Diese Zahl gilt für die Erstheiraten.
Wenn man dies mit dem Heiratsalter in der Jetztzeit vergleicht, ist es wohl nicht so sehr verschieden. Vor 50 Jahren war das Heiratsalter schon mal niedriger. Heutzutage spielt wohl entscheidend mit, dass die Ehepartner eine lange Ausbildungszeit haben. Auch spielt heutzutage keine Rolle mehr, wenn ein Kind unehelich geboren wird, das war früher entscheidend anders. Dass auch früher (19. Jh.) der Anteil der unehelich geborenen Kinder groß war, lag wohl daran, dass man zu dieser Zeit eine Heiratserlaubnis brauchte. Es war also das Einkommen des Mannes bzw. der Ehepartner sehr entscheidend. Es gab zwar vor 1876 keine standesamtliche Heirat, jedoch musste jedes Brautpaar eine Heiratserlaubnis am Heimatort erwerben, die natürlich nicht so ohne weiteres erteilt wurde. Auch schon damals waren die Sozialkosten (heute sagt man dazu Hartz 4) bei der Heimatgemeinde angesiedelt, und die Gemeinde achtete darauf, dass sie nicht zu hoch wurden. Es musste auch ein Heimatrecht erworben werden, wenn man nicht am Geburtsort geheiratet hat. Für die Jahre 1911/1912 habe ich aus den Unterlagen des Stadtarchivs Augsburg diese ermittelt. Die Kosten für dieses Recht waren gar nicht unerheblich.(Auch vor 1800 war eine Heiratserlaubnis notwendig, jedoch habe ich für Kriegshaber keine entsprechenden Daten im Archiv gefunden).

Auswertung aller Geburten von 1851 bis 1856 (etwa fünf Jahre)

Details zu den Auswertungen stehen hier: https://heinz-wember.de/MySQL-Kriegshaber/buch/taufensumkindtod.php
So eine Auswertung macht natürlich nur dann Sinn, wenn alle Geburten (ehelich und unehelich, das sind manchmal zwei verschiedene Taufbücher) in diesem Zeitraum erfasst werden. Für diese Auswertung wurde nur sicher gestellt, dass dies für die Jahre 1851 bis 1856 der Fall ist.
Es konnten 174 Geburten ausgewertet werden (Geburtsdatum vorhanden, einige Kinder, die gefirmt wurden, waren nicht in dieser Zeit in Kriegshaber geboren worden). Davon starben 90 Kinder, bevor sie das 21. Lebensjahr erreicht hatten, 84 Kinder sind also erwachsen geworden. Nachdem in den Matrikeln auch erfasst ist, ob die Mutter ledig oder verheiratet war, wurde dies auch ausgewertet: Von den 90 nicht 21 Jahre gewordenen Kindern waren 75 ehelich und 15 unehelich geboren.
77 Kinder sind nicht 1 Jahr geworden, 77/174 oder 44 %.
90 Kinder sind nicht 21 Jahr geworden, 90/174 oder 52 %.
Von den 84 erwachsen gewordenen Kindern waren 64 ehelich und 20 unehelich geboren.
Insgesamt sind 90/174 oder 54 % nicht erwachsen geworden und 84/174 oder 46 % erwachsen geworden.
Wenn man dies nun aufteilt nach ehelich und unehelich geboren, ergeben sich folgende Zahlen:
75/139 oder 53 % von den ehelich geborenen Kinder sind früh verstorben, aber nur 15/35 oder 43 % der unehelich geborenen Kinder sind früh verstorben. Man kann nun spekulieren, warum ein höherer Anteil der unehelich geborenen Kinder die Volljährlichkeit erreicht haben. Wenn die Anzahl der Geburten (es waren nur 174) ausreichend für eine Spekulation ist, fällt mir nur ein, dass das Durchschnittsalter der Mütter bei den unehelich geborenen Kindern weit niedriger (24 Jahre) ist. Das Durchschnittsalter der verheirateten Mütter bei der Geburts des Kindes war 32 Jahre. Vermutlich war auch das Alter der Väter niedriger, nur kann dies nicht nachgewiesen werden, da meist nur dann der Vater erfasst ist (bzw. später dazu erfasst wurde), wenn nach der Heirat der Mutter der Ehemann das Kind anerkannt hat.

Spekulation über die hohe Kindersterblichkeit

Bis in die 1920er Jahre gab es in Kriegshaber weder eine zentrale Trinkwasserversorgung noch eine Abwasserkanalisation. Jedes Haus hatte seinen Pumpbrunnen und wahrscheinlich in nächster Nähe den Abort. Das kann man vermuten, weil die meisten Grundstücke sehr klein waren (häufig um 200 qm). Diese Vermutung hat auch Frau Dr. Marianne Schuber, die sehr ausführlich in mehreren Veröffentlichungen über ihre Oberhauser Forschungen berichtet hat, geäußert. In Oberhausen und Kriegshaber war die soziale Lage und auch die Wasserversorgung im 19. Jahrhundert ähnlich.

Vergleich mit entsprechenden Daten der Wittelsbacher im 19. Jh.

Diese Details zu den Auswertungen stehen hier: https://heinz-wember.de/gen/BevStatistik/index.html
Wie zu vermuten war, ist die Kindersterblichkeit von den sozialen Verhältnissen der Familien stark abhängig. Wenn man die Familien in Kriegshaber mit denjenigen der Wittelsbacher im 19. Jh. vergleicht, muss man sagen, dass die Familien in Kriegshaber als arm zu bezeichnen sind, es waren überwiegend Taglöhner und Fabrikarbeiter, eine Reihe von Handwerkern, darunter auch einige Meister. Die Arbeitsbedingungen in der Mitte des 19. Jh. waren schlecht im Vergleich zu heute: lange Arbeitszeiten (12 Stunden), lange Wege zu der Arbeitsstätte (mindestens 30 min, teilweise auch 1 Stunde), geringer Lohn, daher auch sehr niedriger Lebensstandard, dann noch das schlechte Wasser: keine zentrale Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, die Grundstücke waren überwiegend klein (etwa 200 - 300 qm), also Pumpbrunnen und Abort waren nahe beieinander gelegen. Wegen des geringen Lohns konnte man sich wohl selten einen Arzt leisten - eine Krankenversicherung gab es damals noch nicht im heutigen Sinne. Beim Hochadel war dies natürlich ganz anders, die ärztliche Kunst war damals natürlich noch beschränkt, jedoch ein Arzt war immer verfügbar. Die sozialen Verhältnisse waren für die damalige Zeit beim Hochadel sehr gut. So nimmt es nicht wunder, dass die Kindersterblichkeit vergleichweise gering war (natürlich nicht so gering wie heute).
Alle im 19. Jh. geborenen Personen mit dem Nachnamen von Bayern wurden ausgewertet (74 Personen), davon wurden 11 keine 21 Jahre und vier wurden kein Jahr alt (hier waren zwei Totgeburten dabei). So ist wohl der krasse Unterschied von 54 % Kindersterblichkeit in Kriegshaber zu den 15 % Kindersterblichkeit bei den Wittelsbachern im 19. Jh. zu erklären.

Vergleich mit entsprechenden Daten meiner eigenen Ahnen

Details stehen hier: https://heinz-wember.de/gen/BevStatistik/index-nn.html
Ebenfalls habe ich die entsprechenden Daten für Kindersterblichkeit bei meinen eigenen Ahnen ermittelt. Diese Ergebnisse sind ähnlich denjenigen wie bei den Wittelsbachern. Ich hätte vermutet, dass sie ungünstiger wären.
Die erste Vermutung, warum das nicht so ist, ist die, dass bei den Vorfahren, bei denen das Todesdatum fehlt, prozentual weniger als 21 Jahre alt wurden, als bei der anderen Gruppe mit bekanntem Todesdatum. Natürlich konnte ich nur diejenigen Personen auswerten, bei denen sowohl das Geburtsdatum als auch das Sterbedatum bekannt war.
Eine zweite Vermutung zu dieser Tatsache ist die, dass bei den Wittelsbachern (wie auch bei allen anderen adeligen Familien) der Verwandtschaftsgrad der Ehepartner relativ hoch ist. Dies wirkt sich bekanntermaßen auf die Anzahl der Totgeburten und die Überlebenschancen der Kinder im frühen Kindesalter aus.
Ich konnte 53 Personen auswerten, die in der Zeit zwischen 1800 und 1900 geboren wurden, dabei sind 9 Personen nicht 21 Jahre geworden und 5 haben das ersten Lebensjahr nicht überlebt. Die entsprechenden Prozentzahlen sind hier 16 % bzw. 9 %.
Bei einigen Groß- und Urgroßeltern und deren Geschwistern kenne ich das soziale Umfeld ganz gut, sie waren entweder Vollerwerbs- bzw. Nebenerwerbsbauern. Bei den anderen Groß- und Urgroßeltern und deren Geschwistern weiß ich zwar, dass sie überwiegend auf dem Land gelebt haben, ich kenne ihr Umfeld bzw. ihren Beruf nicht. Sie könnten auch Knechte bzw. Mägde gewesen sein oder auch Handwerker. Vermutlich sind Fabrikarbeiter unter ihnen für das 19. Jh. wohl wenige dabei, weil diese entweder in der Stadt oder im näheren Stadtumland gewohnt hätten. Einige Vorfahren bzw. deren Geschwister, die in Dortmund-Mengede gelebt haben, waren im Bergwerk beschäftigt. Dies war eine sehr schwere Arbeit, aber vergleichweise gut bezahlt. Mein Großvater war Fördermaschinist, also über Tage beschäftigt, er hat die Dampfmaschine gesteuert, die den Korb (Aufzug) in die Grube beförderte.
Die ausgewerteten 53 Personen hatten wohl ähnliche Ernährungsbedingungen wie die Bauern, zumindest was das Trinkwasser betrifft.

Müttersterblichkeit

Diese muss noch gesondert mit belastbaren Daten ergänzt werden. Schon jetzt fällt auf, dass häufig Mütter früh gestorben sind, der Mann hat bald wieder geheiratet. Damit die Daten vergleichbar mit anderen vorhandenen Daten sind, müssen noch generell für eine größere Anzahl von Hochzeiten und den dazugehörigen Kindern die Lebensdaten der Eltern (auch Todesjahr) ergänzt werden.

Vergleich der Müttersterblichkeit mit den Wittelsbachern

Diese kann man für das 19. Jh. hier: https://heinz-wember.de/gen/wittelsbacher/Auswertungen/index.html nachschauen. Bei den Wittelsbachern konnten 77 Kinder mit den Daten der Eltern verknüpft werden. (Auswertung 3.1) Im gleichen Jahr wie das zuletzt geborene Kind ist keine Mutter gestorben. Bei einer Mutter (1. Frau von König Max I. Joseph) liegt das Todesdatum 30-Mar-1796 fast 9 Monate nach der Geburt des letzten Kindes (07-Jul-1795). Nachdem mir keine Details über die Todesursache der Auguste von Hessen-Darmstadt bekannt sind, kann ich hier keine Aussage machen. Ein direkter Zusammenhang mit der Geburt des letzten Kindes ist jedenfalls nicht zu erkennen.

Vergleich der Kindersterblichkeit mit der Stadt Hanau

In einer Untersuchung der Bevölkerung der Stadt Hanau sind ähnliche Zahlen verfügbar wie in Kriegshaber. In Hanau wurden 1780 Personen untersucht, die in den Jahren 1801 bis 1805 geboren wurden. Hier wurde folgendes festgestellt:
236 männliche Personen starben vor dem 1. Lebensjahr
204 weibliche Personen starben vor dem 1. Lebensjahr
141 männliche Personen starben zwischen dem 1. und 5. Lebensjahr
130 weibliche Personen starben zwischen dem 1. und 5. Lebensjahr
16 männliche Personen starben zwischen dem 6. und 10. Lebensjahr
17 weibliche Personen starben zwischen dem 6. und 10. Lebensjahr
26 männliche Personen starben zwischen dem 11. und 20. Lebensjahr
27 weibliche Personen starben zwischen dem 11. und 20. Lebensjahr
44 männliche Personen starben zwischen dem 21. und 30. Lebensjahr
61 weibliche Personen starben zwischen dem 21. und 30. Lebensjahr
41 männliche Personen starben zwischen dem 31. und 40. Lebensjahr
83 weibliche Personen starben zwischen dem 31. und 40. Lebensjahr
57 männliche Personen starben zwischen dem 41. und 50. Lebensjahr
60 weibliche Personen starben zwischen dem 41. und 50. Lebensjahr
84 männliche Personen starben zwischen dem 51. und 60. Lebensjahr
110 weibliche Personen starben zwischen dem 51. und 60. Lebensjahr
103 männliche Personen starben zwischen dem 61. und 70. Lebensjahr
123 weibliche Personen starben zwischen dem 61. und 70. Lebensjahr
73 männliche Personen starben zwischen dem 71. und 80. Lebensjahr
95 weibliche Personen starben zwischen dem 71. und 80. Lebensjahr
19 männliche Personen starben über 81. Jahre
30 weibliche Personen starben über 81. Jahre
Quelle: Das Leben in einer Kleinstadt vor ca. 200 Jahren in Genealogie, Von Wolfgang Heinemann, Deutsche Zeitschrift für Familienkunde, Band XXXI/61. Jahrgang April - Juni 2012 Heft 2, Seite 121

Anhaltspunkte für unbekannte Ortsnamen für die Entfernungsauswertung:

Historisch-topographische Beschreibung der Diözese Augsburg, Placidus Braun, Augsburg 1823
Übersicht Kirchenbücher von Kriegshaber
Adelstatistik
Statistik meiner privaten Genealogie

Zahlen bei einzelnen Statistiken sind nicht upgedatet

Änderungsstand Tabelle dokustatistikkomm: 15-Mar-2011
Heinz Wember Änderungsstand dokustatistikkomm.php: 10-Mar-2021